Keine Frage: Die Online-Beratung gewinnt in der Versicherungswelt zunehmend an Bedeutung. Die Kunden wollen es so. Damit ist aber nicht etwa das scheinbare Gespräch mit einem Chatbot (→ Glossar), einer künstlichen Intelligenz gemeint. Diese eignen sich zwar im Verkauf, um Produktdetails zu erklären. Beratung geht weit darüber hinaus, ist vor allem menschlich und insbesondere in der Versicherungsbranche an zahlreiche rechtliche Bedingungen und Auflagen geknüpft.
„Unsere Kunden können je nach Interesse über eine Vielzahl an Kanälen mit uns in Kontakt treten,“ erklären Torsten Wegner und Alexander Fritz, Allianz Beratungs- und Vertriebs AG. „Was sie aber von uns erwarten, ist viel mehr. Das ist zunächst im moment of truth, also im Schadenfall, eine faire und schnelle Regulierung. Das ist klar, das will jeder. Sie erwarten aber auch eine sehr persönliche Beratung, bei der sie das Gefühl haben, das Heft in der Hand zu haben. Sie möchten sehen, worüber gerade gesprochen wird, das Gespräch vielleicht sogar selbst in die eine oder andere Richtung steuern. Und sie möchten nicht über einzelne Produkte reden, sondern über ihre aktuelle und zukünftige Lebenssituation und suchen nach Lösungen, die sich ihren Wünschen und Zielen anpassen.“
Diesen Beratungsprozess hat die Allianz in den letzten Jahren standardisiert und kontinuierlich weiterentwickelt, um den steigenden Anforderungen an die Beratungsqualität und die Dokumentation, zuletzt durch die Versicherungsvermittlungsverordnung (→ Glossar), gerecht zu werden. Aber geht das auch online?
Fritz: „Unseren vollständigen IDD-konformen Beratungsprozess, den unsere Vermittler in ihren Agenturen bieten, können unsere Kunden auch ortsungebunden in Anspruch nehmen. Auf ihrem PC oder Tablet, sogar mit einem Smartphone an einem sonnigen Strand am Mittelmeer. Es spielt keine Rolle, wo sich unsere Kunden zum vereinbarten Zeitpunkt der Beratung befinden.“
Möglich wird dies dadurch, dass beide Gesprächspartner über eine gesicherte Verbindung gleichzeitig Zugriff auf das Beratungstool haben. Die persönlichen Daten sind darin bereits enthalten bzw. können im Verlauf des Gesprächs hinzugefügt oder ergänzt werden. Optional können beide Teilnehmer ihre Webcam aktivieren, ebenso können weitere Teilnehmer, zum Beispiel Familienmitglieder, die sich gerade woanders aufhalten, zugeschaltet werden.
Zugleich zeigt sich in dem Allianz Beratungsprozess, wie konsequent dort die Fokussierung auf Kundenbedürfnisse betrieben wird: Einzelne Versicherungsprodukte sucht man darin zunächst vergebens. Im Vordergrund stehen vielmehr Fragen, Absichten und Wünsche, die (potenzielle) KundInnen bewegen: Einkommen absichern, Hab und Gut schützen, Mobilität erhalten und anderes mehr
Wegner: „Dadurch, dass der gesamte Beratungsprozess auf dem Bildschirm des Kunden bzw. der Kundin nachvollziehbar, also transparent wird, können diese selbst Schwerpunkte setzen. Das geht sogar so weit, dass die KundInnen zum Beispiel die Steuerung mit ihrer Maus übernehmen können.“
Die Allianz reagiert damit auf das, was sich im Moment abzeichnet: Online verkaufen sich einfache Versicherungsprodukte, die nicht sonderlich erklärungsbedürftig sind. Für alles andere wird nach wie vor der persönliche Kontakt gesucht. Und der geht jetzt eben auch online – und orientiert sich in diesem Fall nicht an einzelnen Produkten, sondern an den individuellen Lebenswirklichkeiten der KundInnen. Ein Erfolgsmodell?
Wegner: „Der Beratungsprozess spielt in der customer journey (→ Glossar) eine große Rolle. Wir erschließen uns damit neue Möglichkeiten, eine neue Dimension der Beratung sowohl im Privat- als auch im Firmenkundengeschäft. Etwa die Hälfte unserer Agenturen nutzt bereits die Online-Beratung mit großem Erfolg.“
Im Allianz Außendienst steht dieses Tool, das bereits 2010 eingeführt wurde, grundsätzlich allen Agenturen zur Verfügung. Feedback und Erkenntnisse aus der Praxis fließen in die kontinuierliche Weiterentwicklung der Allianz Online-Beratung ein.
Auch andere Unternehmen nutzen moderne Technologien, um näher an die KundInnen zu rücken. Werden die Vermittler dadurch zusehends zu Online-Agenturen?
Bernd Roebers, AXA Generalvertreter (→ Bei Anruf Video-Beratung): „Für mich ist die Online-Beratung ganz klar nur eine Ergänzung, die aus vielen Gründen Sinn macht. Welchen Anteil diese Form der Beratung einnimmt, haben wir selbst in der Hand. Aus dem, was der Markt erwartet und dem, was wir als Vermittler leisten können, sollte jeder ein für sich stimmiges Gesamtbild entwickeln und dieses klar und deutlich kommunizieren.“